Architektur, Glasflächen; Quelle: pixabay.com | Pexels
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Essstörungen wie Anorexia nervosa, Bulimia nervosa oder die Binge-Eating-Störung werden oft als „Frauenkrankheiten“ wahrgenommen, obwohl zunehmend auch Männer betroffen sind. Dennoch entspricht der Anteil von Männern in Behandlungseinrichtungen nicht jenem der Betroffenen in der Allgemeinbevölkerung. Das bedeutet, trotz steigender Zahlen bleibt die Behandlungslücke groß – Männer suchen seltener Hilfe. In einem aktuellen Artikel im Journal of Eating Disorders untersuchten Martin Lehe und die Kolleg:innen Georg Halbeisen, Sabine Steins-Löber und Georgios Paslakis Gründe, warum Männer seltener professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen.

Ein zentrales Ergebnis: Männer, die Essstörungen als „weibliches Problem“ wahrnehmen, zögern eher, professionelle Unterstützung zu suchen. Besonders stark ist dieser Effekt, wenn Betroffene bei sich „femininisierte“ Symptome wahrnehmen, wie etwa ein starker Fokus auf Schlankheit. Demgegenüber zeigte sich dieses Muster nicht in Bezug auf andere Essstörungssymptome, die eher mit männlichen Idealen assoziiert werden, wie etwa der Wunsch nach Muskelmasse oder orthorektisches Verhalten (d.h. die extreme Fixierung auf gesunde Ernährung).

Die Autor:innen vermuten, dass diese Zurückhaltung bei der Hilfesuche mit verinnerlichten traditionellen Geschlechterrollen zusammenhängen könnte. Diese fordern von Männern, sich stark und selbstständig zu zeigen. Das Suchen nach Hilfe und insbesondere Hilfe für ein vermeintliches „Frauenproblem“ könnten im Konflikt mit diesen Geschlechtsrollenerwartungen stehen und dadurch als Zeichen von Schwäche und dem gefühlten Verlust von Männlichkeit empfunden werden.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, wie wichtig es ist, Stigmata abzubauen. Dabei sind Aufklärung wie durch diese Webseite und unsere Fortbildung für Fachkräfte sowie der Ausbau geschlechtssensibler Unterstützungsangebote wichtige Ansatzpunkte, um allen Betroffenen den Zugang zu Hilfe zu erleichtern.

Mehr Informationen zur Studie finden Sie hier.

Neuer Fachartikel erschienen: Unsichtbare Barrieren – Warum Männer mit Essstörungen seltener Hilfe suchen